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Grillkult jenseits des Rosts: Exoten unter den Grilltechniken

27. Juni 2025 - Lesezeit: 4 Minuten

Die meisten Menschen denken beim Wort „Grillen“ sofort an den klassischen Kugelgrill im Garten, an Würstchen auf Alufolie oder an dicke Steaks auf dem Gasgrill. Dabei ist Grillen weit mehr als ein paar Würste auf Rost und Kohle.

In vielen Regionen der Welt wird Fleisch ganz anders gegart – mit Techniken, die oft Jahrhunderte alt sind und sich nicht nur durch ihre Machart, sondern auch durch ihren kulturellen Hintergrund auszeichnen. Dieser Beitrag stellt fünf außergewöhnliche Grillmethoden vor, die in Deutschland noch weitgehend unbekannt sind, aber weltweit Teil gelebter Esskultur sind.

Plankengrillen: Rauch trifft Holz

Das sogenannte Plankengrillen stammt ursprünglich aus dem Nordwesten Amerikas. Die indigenen Völker entlang der Pazifikküste – etwa die Haida oder Tlingit – entwickelten diese Methode, um Lachs schonend über offenem Feuer zu garen. Der Fisch wurde dabei auf eine feuchte Holzplanke gebunden, meist aus Zeder oder Erle, und senkrecht neben das Feuer gestellt.

Heute ist das Plankengrillen auch in Europa angekommen, vor allem unter BBQ-Fans und Feinschmeckern. Die Holzplanke wird vor dem Grillen gewässert, damit sie nicht verbrennt, sondern stattdessen langsam zu schwelen beginnt. Das dabei entstehende Aroma zieht tief in das Grillgut ein. Obwohl die Technik ursprünglich für Fisch gedacht war, funktioniert sie auch hervorragend mit Fleischsorten wie Schweinelende oder Hähnchenbrust, aber auch mit Gemüse oder Käse. Das Ergebnis ist ein mild-rauchiges Aroma, das sich deutlich vom klassischen Holzkohlegrill unterscheidet.

Grubenfeuer: Erdgrill mit Geschichte

Wer schon einmal in Polynesien oder in Teilen Südamerikas unterwegs war, könnte eine archaische Methode des Grillens kennengelernt haben, die auf den ersten Blick eher an Archäologie als an BBQ erinnert: das Garen in der Erde. In Hawaii wird es „Imu“ genannt, in Neuseeland „Hāngi“, in Südamerika schlicht Erdofen. Auch in Teilen Europas – etwa in Bayern oder in der Schweiz – gab es Varianten wie das Grillen von Spanferkeln in Erdgruben.

Das Prinzip ist immer ähnlich: In einer ausgehobenen Grube wird ein Feuer gemacht, meist mit großen Steinen, die die Hitze speichern. Sobald die Glut steht, wird das Fleisch – oft in Blätter gewickelt, manchmal in feuchte Tücher – auf die heißen Steine gelegt. Danach wird die Grube mit Erde oder Gras bedeckt. Der Garprozess dauert mehrere Stunden. Die entstehende Garumgebung kombiniert Feuchtigkeit, Hitze und Rauch. Das Resultat ist ein extrem zartes, saftiges Fleisch mit einem erdigen, rauchigen Aroma. Heute findet man diese Methode vor allem bei Outdoor-Workshops oder bei traditionellen Festen indigener Gemeinschaften.

Asado-Kreuze: Grillen in Argentinien

Kaum ein Land ist so eng mit Fleisch verbunden wie Argentinien. Besonders im Süden des Landes, in Patagonien, hat sich eine eindrucksvolle Methode etabliert: das Grillen ganzer Tiere auf sogenannten Asado-Kreuzen. Diese Technik ist nicht nur kulinarisch, sondern auch ein soziales Ritual.

Auf ein Metallkreuz – das meist eine einfache, T-förmige Struktur hat – wird ein ganzes Tier gespannt, etwa ein Lamm, eine Ziege oder ein Schwein. Dieses Kreuz wird dann schräg in den Boden gesteckt und neben ein offenes Holzfeuer gestellt. Das Fleisch gart dort langsam, größtenteils über vier bis sechs Stunden. Regelmäßiges Wenden sorgt für ein gleichmäßiges Garen, das offene Feuer für intensive Röstaromen.

Was in Patagonien fast jeder Bauer im Garten stehen hat, ist hierzulande eher auf speziellen Events oder bei ambitionierten Grillprojekten zu sehen. Die Methode ist spektakulär, arbeitsintensiv und setzt Erfahrung im Umgang mit Feuer und Fleisch voraus – dafür wird man mit einem unvergesslichen Geschmackserlebnis belohnt.

Feuerkuppel aus der Steppe: Der mongolische Wok

Eine eher unbekannte, aber faszinierende Grillform findet sich in Zentralasien und der Mongolei.
Die sogenannte Feuerkuppel – auch als mongolischer Wok oder „Tsonog Togoo“ bezeichnet – besteht aus einer halbrunden, gusseisernen Metallkonstruktion, die stark erhitzt wird, entweder durch Feuerholz oder Gas. Fleisch wird direkt auf die Innenwand der Kuppel gedrückt, wo es sofort zu brutzeln beginnt.

Die Kombination aus starker Hitze, Fleischsaft und austretendem Fett erzeugt nicht nur eine knusprige Kruste, sondern auch einen sehr eigenen Rauchgeschmack. Ursprünglich war diese Methode ein praktischer Weg für Reiterkrieger, sich mit wenig Material Fleisch zuzubereiten. Heute findet man Varianten dieser Technik auf Straßenmärkten in China, Korea oder Kasachstan, oft mit Lammfleisch oder Innereien.

In Europa ist die Methode selten. In der BBQ-Community existieren jedoch DIY-Varianten, etwa umgebaute Halbkugeln oder umgedrehte Woks, mit denen ähnliche Effekte erzielt werden können.

Rückblick und Ausblick

Diese fünf Grillmethoden zeigen, wie vielfältig das Garen über offenem Feuer sein kann – weit entfernt von Aluschalen und Grillanzündern. Dabei geht es nicht nur um Technik, sondern auch um Geschichte, Kultur und ein tiefes Verständnis für Fleisch und Hitze. Wer bereit ist, über den Tellerrand hinauszublicken, entdeckt neue Geschmackserlebnisse und alte Traditionen, die längst mehr sind als kulinarische Kuriositäten.

Ob Planke, Grube oder Kreuz – jede dieser Methoden lädt dazu ein, das Grillen als Erlebnis zu begreifen, das mehr kann als Hitze von unten. Und wer weiß: Vielleicht steht beim nächsten Grillfest ja kein Kugelgrill im Mittelpunkt, sondern ein kleines Stück Weltkultur.

Fotograf: Lukas
Lizenz: Pexels Lizenz

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