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Haltungsformen erklärt: Was unterscheidet die Stufen 1 bis 4?

6. August 2023 - Lesezeit: 4 Minuten

Jedem sind die Haltungsformen 1 bis 4 bekannt. Doch was genau bedeuten die verschiedenen Stufen überhaupt?

Wenn man regelmäßig Fleisch im Supermarkt kauft, sind einem die farbigen Siegel für Haltungsformen sicherlich schon bekannt. Diese findet man meist auf der Vorderseite der Verpackung, nummeriert von 1 bis 4. Doch was steckt eigentlich hinter diesen Kennzeichnungen, und wie unterscheiden sich die einzelnen Haltungsformen voneinander? In diesem Beitrag nehmen wir die verschiedenen Haltungsformen unter die Lupe und machen uns ein Bild darüber, wie diese sich unterscheiden.

Seit 2019 können deutsche Lebensmittelhändler ihre Produkte mit dem Label freiwillig kennzeichnen, um Verbrauchen die Orientierung beim Fleischkauf zu vereinfachen. Dabei liegt das Mindestkriterium der niedrigsten Stufe beim rechtlichen Mindestmaß und alle Anforderungen an die weiteren Haltungsformen wurden von der Gesellschaft zur Förderung des Tierwohls in der Nutztierhaltung mbH festgelegt.

Haltungsform 1: Stallhaltung

Die erste Haltungsform namens "Stallhaltung" entspricht den gesetzlichen Mindeststandards der Tierhaltung. Hier haben die Tiere keinen Zugang zur Frischluft, und der zur Verfügung stehende Platz pro Tier ist begrenzt. 

Die Platzeinteilung wird bei Hühnern und Puten nicht nach Tier, sondern nach Gewicht pro Quadratmeter festgelegt. Dabei liegt die Höchstgrenze von Hühnern bei 39 kg/m2 und die von Puten bei 58 kg/m2. Wenn man bedenkt, dass Masthühner im Durchschnitt 1,5 kg wiegen, macht das bis zu 26 Tiere auf einen Quadratmeter. Auch Mastkälber und Jungbullen werden oft in ähnlich bedrängenden Verhältnissen gehalten, mit einer Platzvorgabe von 1,5 - 2,2 m2 pro Tier, abhängig von deren Gewicht. Für Schweine gibt es nur eine Untergrenze von mindestens 0,75 m2 pro Tier. Diese Haltungsform schreibt auch leichte Beschäftigungen für Hühner und Schweine vor, wobei eine bewegliche Kette und etwas Einstreu diese Anforderung schon erfüllt.

Die Haltungsform 1 ermöglicht zwar eine effiziente Massenproduktion von Fleisch, aber führt wiederum zu Einbußen in Sachen Tierwohl, weshalb die Stallhaltung oft kritisiert wird, da sie den Tieren kaum Bewegungsfreiheit lässt und ein artgerechtes Leben nahezu unmöglich macht. 

Haltungsform 2: Stallhaltung Plus

Die zweite Haltungsform, auch "Stallhaltung Plus" genannt, liegt nur leicht über den gesetzlichen Mindeststandards. Hier haben die Tiere etwa 10 Prozent mehr Platz als in der Haltungsform 1, und es steht ihnen etwas mehr Beschäftigungsmaterial zur Verfügung. Der Kontakt mit Frischluft ist dennoch nicht vorgesehen und durch die enge Haltung bleibt die Bewegungsfreiheit weiterhin begrenzt, und die natürlichen Verhaltensweisen der Tiere werden nicht ausreichend berücksichtigt. Die Bedingungen für die Tiere sind ein wenig verbessert, allerdings bleiben die Kritikpunkte der Stallhaltung bestehen.

Haltungsform 3: Außenklima

Die dritte Haltungsform trägt den Namen "Außenklima" und bedeutet, dass die Tiere Zugang zur frischen Luft haben. Dies kann beispielsweise durch einen Stall mit offener Front oder einen überdachten Auslauf am Stall ermöglicht werden. In dieser Haltungsform haben Schweine etwas mehr als ein Quadratmeter Platz zur Verfügung, und es wird ihnen Stroh als Beschäftigungsmaterial geboten. Auch bei Geflügel ist der Platzbedarf pro Quadratmeter etwas großzügiger bemessen, mit mindestens 30 % weniger kg/m2 als gesetzlich vorgegeben. Die Mastkälber, Jungbullen und Ochsen haben je nach Gewicht bis zu 4 Quadratmeter Platz.

Den Tieren steht mehr Platz zur Bewegungsfreiheit zur Verfügung und es werden mehr Möglichkeiten geboten ihre natürlichen Verhaltensweisen auszuleben, doch trotz der Verbesserungen handelt es sich immer noch um eine intensive Form der Tierhaltung, welche nicht allen Kriterien des Tierwohls gerecht wird.

Haltungsform 4: Premium

Die vierte und höchste Haltungsform wird als "Premium" bezeichnet. Hier haben die Tiere deutlich mehr Freiraum und Auslauf. Die Masthähnchen und Puten müssen mindestens ein Drittel ihrer Lebenszeit Zugang zu einem Freigelände haben. Im Hühnerstall dürfen maximal 21 kg Tiere pro Quadratmeter gehalten werden und Puten besitzen mindestens 60 % mehr Platz als vorgegeben. Schweine müssen dauerhaft Zugang zum Freilauf haben und erhalten im Stall mindestens 1,5 Quadratmeter Platz pro Tier, was der doppelten Menge von Haltungsform 1 entspricht. Die Rinder haben während der Vegetationsperiode (etwa 200 Tage pro Jahr) Freilauf und stehen im Stall zwischen 1,5 und 5 Quadratmetern pro Tier zur Verfügung.

In dieser Haltungsform muss den Tieren auch Futter ohne Gentechnik gegeben werden, weshalb Bio-Fleisch auch zu dieser Haltungsstufe gehört. Hier haben die Tiere die besten Bedingungen der 4 Haltungsformen, und ein höheres Maß an Tierwohl wird angestrebt. 

Kritik und Alternativen

Die Haltungsformen-Kennzeichnung soll den Verbrauchern Orientierung beim Fleischkauf bieten. Doch Verbraucherschützer kritisieren, dass wichtige Kriterien für das Tierwohl nicht ausreichend berücksichtigt werden. Mehr Platz im Stall sagt beispielsweise nichts über den Gesundheitszustand der Tiere aus oder über eine möglichst stressfreie Schlachtung. Das Label "Haltungsform" ist somit kein umfassendes Tierwohllabel, sondern lediglich ein erster Schritt zu mehr Transparenz beim Fleischangebot.

Selbstverständlich gibt es noch weitaus mehr Haltungsformen, von denen viele ein höheres Maß an Tierwohl anstreben. Diese unterscheiden sich jedoch zwischen den verschiedenen Tierarten und haben meist keine einheitliche Kennzeichnung, zudem werden diese in einem zukünftigen Beitrag begutachtet.

Bildtitel: Stallhaltung, Kühe, Milchwirtschaft
Fotograf: Jolanchapin
Lizenz: Pixabay Inhaltslizenz

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