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Fronleichnam mal anders: Ein Ausflug ins Büdinger Metzgermuseum

16. Juni 2025 - Lesezeit: 4 Minuten

Fronleichnam ist für viele ein willkommener Feiertag, um dem Alltag für einen Moment zu entfliehen. Wer nicht stundenlang im Stau Richtung Berge oder Badesee stehen möchte, findet in Büdingen ein lohnendes Ziel für einen ganz besonderen Tagesausflug: das Metzgermuseum im historischen Schlaghaus.

Hier trifft lebendige Geschichte auf handfeste Tradition. Besucherinnen und Besucher können auf authentische Weise erleben, wie das Metzgerhandwerk die Stadt Büdingen über Jahrhunderte geprägt hat. Ein Erlebnis, das nicht nur Fleischliebhaber oder Historikfans begeistert, sondern auch Familien mit Kindern.

Geschichte

Das Museum befindet sich in einem Teil der alten Stadtbefestigung Büdingens: einem Turm, der einst als gemeinschaftliches Rinderschlachthaus diente. Schon im 14. Jahrhundert zählten Metzger zu den angesehensten Berufen der Stadt. Der erste namentlich bekannte Metzger, Heinz Rulemann, wird 1350 in einer Urkunde erwähnt. Das Handwerk war streng geregelt: Schlachtungen und Fleischverkäufe unterlagen festgelegten Ordnungen und Hygienevorschriften.

Wer auf dem "Damm" zwischen Alt- und Neustadt Fleisch verkaufen wollte, musste dafür ein "Schirngeld" entrichten. Verkauft wurde anfangs unter freiem Himmel, geschlachtet wurde im Schlaghaus. Das Fleisch wurde meist von den Metzgersfrauen feilgeboten. Mit der Zeit wuchs die Zahl der Metzger, das Handwerk blieb genossenschaftlich organisiert, und es entstanden erste Zunftordnungen.

Im Jahr 1777 wurde das alte Schlaghaus am Küchenbach aufgegeben, weil der Schlachtbetrieb mitten in der Stadt für Unmut sorgte. Ein leerstehender Turm am Seemenbach wurde zum neuen Schlachthaus umgebaut. Noch heute ist dort die ursprüngliche Schlachtstruktur sichtbar.

Das Museum heute

Heute erinnert das Metzgermuseum eindrucksvoll an diese Geschichte. Seit der Sanierung des Schlaghauses im Rahmen der Altstadtsanierung ist die Tradition des Fleischerhandwerks dort museal erlebbar. Über 350 Exponate sind ausgestellt, darunter historische Metzgerwerkzeuge, Schlachtutensilien, Bilder und dekorative Elemente aus mehreren Jahrhunderten. Besonders beeindruckend ist die restaurierte Schlachteinrichtung mit Schlachtbalken, Sandsteinplatten und Windenelementen. Besucherinnen und Besucher erhalten hier einen unmittelbaren Einblick in die Arbeitsweise der damaligen Zeit.

Das Museum wurde 2006 am Tag des offenen Denkmals eröffnet und wird seither vom Verein "Büdinger Metzgermuseum im Schlaghaus e.V." mit viel Engagement gepflegt. Ziel ist es, das alte Handwerk zu erhalten und einem breiten Publikum zugänglich zu machen.

Erweiterungen: Historische Wurstküche & Metzgerladen

Zwei bedeutende Erweiterungen machen das Metzgermuseum heute zu einem ganzheitlichen Erlebnis: die historische Wurstküche und der historische Metzgerladen. In unmittelbarer Nähe zum Schlaghaus wurde 2012 eine originale Wurstküche eingerichtet, ausgestattet mit Maschinen aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert. Hier wird nachvollziehbar, wie Mechanisierung und Elektromotoren das Handwerk verändert haben.

Seit 2020 ergänzt der Historische Metzgerladen das Museum. Herzstück ist die prachtvolle Majolika-Fleischertheke von Villeroy & Boch aus dem Jahr 1898. Der Laden ist kein reines Ausstellungsobjekt: Während der Öffnungszeiten des Museums, jeweils samstags und sonntags von 13 bis 17 Uhr, werden hier Wurstwaren und Schinken aus den drei Büdinger Metzgereien verkauft.

Jeden ersten Samstag und Sonntag im Monat gibt es eine Schinkenverkostung mit Aufschnitt von einer historischen Berkel-Schneidemaschine aus dem Jahr 1927. Alle Museumsbereiche – Schlaghaus, Wurstküche und Laden – sind zeitgleich geöffnet.

Warum gerade an Fronleichnam?

Fronleichnam ist ein Feiertag mit starken traditionellen Wurzeln – ein Tag, der wie geschaffen ist für einen Ausflug in die Geschichte. Während vielerorts Prozessionen und Kirchenschmuck im Mittelpunkt stehen, bietet das Metzgermuseum eine bodenständige Alternative: gelebte Kulturgeschichte zum Anfassen. Gerade an solchen Tagen lohnt sich der Blick zurück auf lokale Bräuche und das Handwerk, das unsere Regionen geprägt hat.

Büdingen zeigt, dass Tradition nicht verstaubt sein muss, sondern spannend, anschaulich und familienfreundlich erlebt werden kann. Außerdem ist das Museum nicht überlaufen, sodass man die Ausstellung in Ruhe genießen kann. Wer also einen besonderen Ort sucht, der abseits der üblichen Ausflugsziele liegt, findet im Metzgermuseum eine ideale Mischung aus regionalem Flair, historischem Tiefgang und handfester Unterhaltung. Fronleichnam – ein Tag zum Innehalten, aber auch zum Entdecken.

Für Familien & Kinder

Besonders für Familien lohnt sich der Besuch am Feiertag. Das Metzgermuseum bietet ein außergewöhnliches Erlebnis für Kindergeburtstage: das "Wursteln für Kinder". Kinder zwischen acht und zehn Jahren dürfen unter fachkundiger Anleitung selbst Wurst herstellen. Es wird gewürzt, vermengt, abgeschmeckt und abgefüllt.

Und das Beste: Am Ende nehmen die jungen Nachwuchsmetzger ihre selbstgemachte Wurst mit nach Hause. Das Angebot richtet sich an Gruppen von sieben bis zehn Kindern und dauert etwa zwei Stunden. Ein Erlebnis, das lange in Erinnerung bleibt.

Ausflugstipp für Fronleichnam

Wer an Fronleichnam nicht einfach nur entspannen, sondern dabei auch etwas entdecken möchte, ist im Büdinger Metzgermuseum genau richtig. Hier verbindet sich regionale Geschichte mit einem anschaulichen Blick in das traditionsreiche Fleischerhandwerk.

Die gelungene Kombination aus authentischem Museum, funktionaler Wurstküche und liebevoll gestaltetem Metzgerladen macht den Besuch zu einem echten Highlight. Ob mit der Familie, mit Freunden oder allein: Ein Ausflug nach Büdingen lohnt sich. Und wer Glück hat, erwischt sogar ein Wochenende mit Schinkenverkostung. Mehr Heimatgeschichte und Handwerk an einem Ort geht kaum. Ein rundum gelungener Feiertag.

Fotograf: Jo
Lizenz: Pexels Lizenz

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