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Steuer auf Fleisch: Ampel-Plan für Tierwohlcent wird konkreter

9. Februar 2024 - Lesezeit: 5 Minuten

Cem Özdemir legt Eckpunkte für eine Verbrauchssteuer auf Fleischprodukte vor. Noch ist unklar, wie hoch die Steuer ausfallen wird.

Die Pläne für eine neue Abgabe auf Fleisch werden konkreter. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir erarbeitet auf Bitte der Ampel-Fraktionen ein Konzept, das als Grundlage für die Einführung einer Verbrauchssteuer auf Fleisch und Fleischprodukte dient. Die Höhe der Abgabe ist noch unklar, Ziel seien aber "Steuereinnahmen für wichtige, vornehmlich landwirtschafts- und ernährungspolitische Vorhaben".

Wie ist die Steuer aufgebaut und wen wird sie treffen?

Wie ist die Fleischsteuer genau aufgebaut?

Die Steuer soll demnach auf bestimmte tierische Produkte erhoben werden und ist nach dem Vorbild der Kaffeesteuer konzipiert. Ziel der Steuer ist es laut dem Eckpunktepapier, „Steuereinnahmen für wichtige, vornehmlich landwirtschafts- und ernährungspolitische Vorhaben“ zu schaffen.

Die Kaffeesteuer beträgt aktuell 2,19 Euro je Kilogramm für Röstkaffee und 4,78 Euro je Kilogramm für löslichen Kaffee. Neben Kaffee werden auch kaffeehaltige Waren besteuert, wenn es sich dabei um eine Beförderung in das deutsche Steuergebiet handelt.

Ähnlich der Kaffeesteuer sollen nun bestimmte tierische Produkte besteuert werden. Im Fokus stehen Fleisch, Fleischerzeugnisse sowie genießbare Nebenprodukte der Schlachtung. Darüber hinaus sollen auch verarbeitete Produkte, die einen bestimmten Prozentsatz dieser tierischen Bestandteile enthalten, besteuert werden. Die Berechnung der Steuer erfolgt auf Basis des Gewichts, wobei ein festgelegter Betrag pro Kilogramm Fleisch erhoben wird. 

Bereits seit vier Jahren existiert das Basisprinzip für die Idee. Eine von Julia Klöckner (CDU), Amtsvorgängerin von Özdemir, ins Leben gerufene Zukunftskommission für Tierhaltung, legte Anfang 2020 detaillierte Empfehlungen dar, wie Deutschland eigenständig Ställe umgestalten könnte, um den Tieren mehr Raum zu bieten, inklusive der Finanzierung dieses Vorhabens. Laut diesen Empfehlungen sollten Tierhalter für den zusätzlichen Aufwand finanzielle Entschädigungen erhalten, die durch eine Abgabe finanziert werden, die Verbraucher pro Kilogramm Fleisch entrichten. Özdemir hat dieses Konzept in sein politisches Programm aufgenommen und setzt sich dafür ein, seit er vor zwei Jahren unerwartet das Amt des Landwirtschaftsministers übernahm.

Wie hoch fällt die Fleischsteuer aus?

Die genaue Höhe des Steuersatzes ist noch unklar, er soll laut Eckpunktepapier „politisch“ entschieden werden. Bereits vorhanden sind spezifische Empfehlungen, unter anderem vom Umweltbundesamt, das bereits für das Jahr 2022  Pläne vorgestellt hatte. Laut diesen Vorschlägen ist vorgesehen, dass Fleisch und Fleischerzeugnisse nicht länger dem reduzierten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent unterliegen, sondern stattdessen mit dem regulären Steuersatz belegt werden sollen.

Vor dem Hintergrund der Bauernproteste gegen die Abschaffung steuerlicher Vergünstigungen für Agrardiesel setzte sich der Agrarminister Cem Özdemir von den Grünen dafür ein, eine verlässliche Finanzierungsquelle für die Reform der Tierhaltung zu etablieren. Sein Vorschlag beinhaltet die Einführung eines Tierwohlcents, der auf tierische Produkte erhoben wird, um so die notwendigen Mittel für den Umbau zu sichern. “Was umweltfreundlich ist, sollte günstiger werden, was umweltschädlich ist, darf der Staat nicht länger mit zu niedrigen Steuern subventionieren“, sagte Dirk Messner, Präsident des Bundesamtes, in einer Pressemitteilung.

Grünen-Politiker Özdemir erklärte Mitte Januar im Bundestag, dass es sich um nur „wenige Cent pro Kilo mehr“ handeln würde. „Wenn die Currywurst ein paar Cent teurer wird, dann ist die Angst vor dem Shitstorm groß“, sagte er weiter. Ein Tierwohlcent wäre jedoch eine Investition in die Zukunft der Landwirtschaft und der ländlichen Räume in Deutschland. Es ist jedoch ebenfalls zu beachten, dass Großhandelsunternehmen, darunter der Discounter Aldi und die Supermarktkette Edeka, schon seit geraumer Zeit umfangreiche Programme zur Förderung der Nachhaltigkeit durchführen. Diese Unternehmen leisten finanzielle Unterstützung an Betriebe, einschließlich der Hilfe bei Renovierungs- und Umbauprojekten.

Wen betrifft die Fleischsteuer?

Die Einführung einer Fleischsteuer würde weit über den direkten Fleischverzehr hinausgehende Konsequenzen nach sich ziehen und sich wie eine Kettenreaktion ausweiten auf diverse Sektoren und Dienstleistungen, die auf irgendeine Weise Fleisch nutzen oder anbieten.

Als unmittelbare Auswirkung steigen die Verbraucherpreise für Fleischprodukte in Supermärkten und Metzgereien.

Dieser Kostenanstieg könnte zu höheren Preisen für Fleischgerichte in Restaurants, Cafés und Imbisse führen.

Kosten für Catering-Dienste und Veranstaltungen, bei denen Fleischgerichte angeboten werden, könnten steigen.

Unternehmen, die Fleisch verarbeiten oder fleischhaltige Produkte herstellen, könnten ebenfalls von höheren Preisen betroffen sein, was bei einer Vielzahl von Produkten zu einem Preisanstieg führen könnte.

Fachleute empfehlen 40 Cent pro Kilo

Die "Borchert-Kommission" schlug vor, einen möglichen Zuschlag von 40 Cent pro Kilogramm Fleisch und Wurstwaren als Tierwohlabgabe einzuführen. Diese Empfehlung basiert auf der Schätzung der Kommission, dass bis zum Jahr 2040 jährlich bis zu 3,6 Milliarden Euro benötigt werden, um die Tierhaltung in Deutschland umfassend umzubauen. Dies würde allerdings weit über einen simplen Tierwohlcent hinausgehen.

Im Gespräch mit dem "Tagesspiegel" im Januar äußerte der ehemalige Agrarminister Borchert, dass die Einführung eines Tierwohlcents möglich sei, insbesondere wenn dieser zunächst für den Umbau von Schweineställen verwendet wird. In diesem speziellen Fall könnte der Betrag auch niedriger als 40 Cent pro Kilogramm Fleisch angesetzt werden. Für eine umfassende Umstellung der Ställe wären jedoch die genannten höheren Summen realistisch. Borchert merkte zudem an, dass der erforderliche Betrag aufgrund der Inflation inzwischen sogar noch höher ausfallen könnte.

Tierschutzorganisationen begrüßen den Tierwohlcent

In einem gemeinsamen Statement betonen mehrere Tierschutzorganisationen, darunter der Deutsche Tierschutzbund, die Deutsche Umwelthilfe, Greenpeace, WWF und ProVieh, ihre Unterstützung für den vom Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir initiierten Tierschutz-Cent als einen entscheidenden Schritt in die richtige Richtung. „Dieser würde eine spürbare Entlastung für die Landwirtinnen und Landwirte darstellen und sie bei dem dringend benötigten Umbau ihrer Ställe zu mehr Tierwohl wesentlich unterstützen“, lautet die zentrale Botschaft.

Özdemir plant darüber hinaus die Einführung weiterer Richtlinien für bessere Lebensbedingungen von Tieren in der Landwirtschaft und bei Haustieren. So sind unter anderem die Einführung einer obligatorischen Videoüberwachung in Schlachthöfen, verschärfte Bestimmungen für den Handel mit Tieren im Internet und ein allgemeines Verbot der Anbindehaltung von Tieren geplant.

Bildtitel: Sparschwein, Geld, Ersparnisse

Fotograf: Skitterphoto

Lizenz: Pixabay Inhaltslizenz

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